Blutegel
Der Blutegel ist schon lange Zeit für seine heilende Wirkung bekannt. Die ersten Aufzeichnungen bezüglich des Einsatzes von Blutegeln in der Medizin stammen aus dem Zeitraum um 1500 v. Chr., die Babylonier beschreiben bereits in ihren Keilschriften ihren Einsatz zur Behandlung von Menschen.
In Europa finden sich die ersten Aufzeichnungen zum Thema Blutegeltherapie bei dem griechischen Arzt und Dichter Nikandros von Colophon (2. Jh. v. Chr.). Die Blutegeltherapie wurde im Laufe der Zeit immer populärer. Mitte des 19. Jahrhunderts war durch den starken Verbrauch die Blutegelpopulation so dezimiert, dass diese Art vom Aussterben bedroht war.
Eine weitere Gefahr für den Blutegel stellt die zunehmende Umweltverschmutzung durch die steigende Rahmenindustrialisierung dar. Die Tiere besiedeln nur reines Wasser. So sind die natürlichen Lebensräume heute sehr begrenzt. Mit der Dezimierung des Blutegels sank auch die Popularität der Blutegeltherapie. Erst in den 80er Jahren des vorigen Jahrhunderts wurden die kleinen Helfer wieder en vogue.
Neue Operationsmethoden in der Mikrochirurgie wurden von einem alten Bekannten — dem Blutegel — äußerst hilfreich unterstützt. Bei venösen Stauungen im Rahmen der Transplantationschirurgie wird heute wieder vermehrt der Blutegel als Staulöser eingesetzt.
Ablauf der Behandlung
Zunächst wird die betroffene Stelle rasiert und gereinigt. Anschließend setzt der Therapeut die Egel an. Einmal auf der Haut des Wirts angekommen, sucht der Blutegel mit dem Vorderende eine geeignete Stelle zum Beißen.
Der hintere Saugnapf wird dabei fixiert. Bis er die richtige Bißstelle gefunden hat, wiederholt sich der Vorgang indem der hintere Saugnapf wieder gelöst wird und anschließend in eine neue Position gebracht wird.
Ist die optimale Stelle gefunden, hält der Blutegel sich mit dem hinteren Saugnapf in der Nähe der Bißstelle fest und beginnt sich mit seinem dreistrahligen Kiefer in die Haut zu sägen. Der Biss ist vergleichbar mit einem Insektenstich und somit ausgesprochen schmerzarm. Bis heute konnte nicht nachgewiesen werden, ob der Blutegel dabei ein lokal wirksames Anästhetikum verwendet.
Während des Saugvorganges scheidet das Tier ein Sekret in die Wunde aus. Durch die unter anderem histaminähnliche Substanz werden die Blutgefäße erweitert. Erleichtert wird das Saugen des Blutegels durch das Hirudin, welches er aus seinen Speicheldrüsen in die Wunde absondert. Das Hirudin wirkt hierbei als Gerinnungshemmer und hält das Blut flüssig.
Außerdem haben die im Sekret vorhandenen Substanzen wie Calin, Hyaluronidase, Egline, Kollagenase, Apyrase, Destabilase und Piyavit eine entzündungshemmende Wirkung. Die Nahrungsaufnahme dauert ca. 30 Minuten. Dabei erhöht sich das Gewicht des Blutegels um ein Vielfaches. Sobald er satt ist, lässt der Blutegel los.
Die Wunde blutet noch einige Stunden nach, wodurch sich der Blutverlust verdoppelt bis verdreifacht. In den meisten Fällen kann auf das Anlegen eines Verbands verzichtet werden, da die Blutegel sterile Wunden hinterlassen. In seltenen Fällen kommt es zu einer geringgradigen Umfangsvermehrung und Erwärmung der geegelten Stellen. Diese Erstreaktion auf den Speichel gibt sich aber innerhalb von 24 Stunden.